Statement trans*tifa

Author: admin
04 21st, 2023

CW: transfeindliche Gewalt und Umgang damit in der Szene

 

Hi, wir wollen queere und auch andere Personen davor warnen wie am AKW Lobau Wagenplatz mit Kritik an queer- und speziell transfeindlichem Verhalten umgegangen wird (Stichwort Gaslighting, Victimblaming/Täter_innen-Betroffenen-Umkehr, Einschüchterungsversuche). Spezifisch wollen wir aufzeigen wie geschissen im auf einen transfeindlichen Übergriff folgenden Prozess mit den Betroffenen umgegangen worden ist. Die Auseinandersetzung mit dem Wagenplatz zieht sich jetzt schon über Monate.

Wir nennen die Person, die durch ihr übergriffiges Verhalten den Prozess ausgelöst hat im folgenden Text Person xy.

Auslöser war eine Situation, in der xy komplett aus dem Nichts zu einer queeren trans Person gegangen ist, um queer- und transfeindliche Aussagen zu tätigen. Xy wollte offensichtlich streiten und verletzend sein und hat im Zuge dieser Auseinanderzusetzung derm direkt Betroffenen, bzw. auch generell queeren Menschen das Recht abgesprochen, als offen queer und trans zu existieren und sich dafür nicht zu verstecken.

Leider haben mehrere (auf verschiedene Arten marginalisierte) Menschen in den letzen Jahren und vergangenen Wohnkollektiven ähnlich schlechte Erfahrungen mit der Person gemacht. Neben Trans- und Queerfeindlichkeit waren Menschen auch von rassistischer Gewalt betroffen. Personen vom Wagenplatz, die in der anfangs erwähnten Situation anwesend waren, haben xys Verhalten heruntergespielt und die betroffene Person in der Situation nicht ernstgenommen. Was uns in Prozessen mit den Menschen vom Wagenplatz unglaublich geärgert hat, war der konstante Versuch dieses offensichtlich strukturelle Problem auf einen indivualisierten Konflikt herunterzubrechen. Obwohl in Folge des Übergriffs zwei Transpersonen den Wagenpatz verließen, wurde immer nur mit einer betroffenen Person kommuniziert, egal wie oft wir darauf hingewiesen haben, dass der Übergriff mehrere und der Umgang damit alle (gender)queeren Personen betrifft, die auf dem Wagenplatz Zeit verbringen wollen. Dem einen Menschen wurde außerdem immer wieder suggeriert, es handle sich um einen persönlichen Konflikt zwischen ihm und derm Täter_in. Das ist leider eine Praxis, mit der von struktureller Gewalt Betroffene konstant konfrontiert sind. Es seien alle solche Übergriffe “ein persönlicher Konflikt” und nicht ein Problem in politischer Praxis. Nach dem Vorfall hat dier Betroffene das Geschehene an den Wagenplatz weitergeleitet. Außerdem hat sich eine Unterstützungsgruppe gegründet, die folgende Forderungen gestellt hat: – Es muss öffentlich gemacht werden, dass es einen queerfeindlichen Angriff durch eine_n Bewohner_in gab. Besucher_innen des WaPla müssen informierte Entscheidungen treffen können, ob sie sich einem potentiellen Angriff aussetzen wollen. Xys Identität sollte aber nicht öffentlich gemacht werden, wir wollen kein Public Shaming. (Nachdem mehrere Bewohnende nach dem Vorfall meinten, von übergriffigem Verhalten durch xy in der Vergangenheit zu wissen, sind diese Personen und somit auch die Gemeinschaft mitverantwortlich, weil sie solches Verhalten bisher toleriert und gedeckt haben)

– Bevor ein Text veröffentlicht wird, muss dieser und der Plan für die weitere Vorgehensweise/Auseinandersetzung mit den Betroffenen abgesprochen werden. – Die Verantwortung für den Vorfall und für die Auseinandersetzung damit muss sich mehr aufteilen. (Das hat scheinbar stattgefunden, wir wurden nur nicht darüber informiert) – Betroffene müssen informiert werden mit welchen Materialien sich die Menschen am Platz inklusive xy auseinandersetzen.

Unsere Gründe dafür, dass wir nicht die üblichen Forderungen gestellt haben, wie einen Szeneausschluss, sind folgende: Wir wollen, dass sich das Umfeld von xy und im besonderen die WaPla Gemeinschaft mit xy und der verursachten Gewalt und mit der Struktur dahinter auseinandersetzt. Das heißt nicht, dass die Gewalt nicht verletzend für die Betroffenen war, sondern dass wir uns generell einen anderen Umgang mit Gewalt wünschen. Wir wollen, dass die WaPla Gemeinschaft auch von anderen Personen mit dieser Geschichte konfrontiert wird, dass darüber Gespräche stattfinden – nicht dass der Platz boykottiert wird.

Außerdem ist uns wichtig, Menschen zu warnen, damit sie sich aktiv auf die Situation einstellen können. Es soll niemensch ausgeschlossen werden, sondern xy soll aktiv vom Umfeld begleitet werden, während mensch hoffentlich versucht, sich in Zukunft anders zu verhalten. Sonst passiert unserer Meinung nach nur das Verschieben des Problems in Kreise, wo das problematische Verhalten noch nicht thematisiert wurde und wieder ohne Vorwarnung Übergriffe passieren können. Im Laufe der Kommunikation mit dem WaPla wurde uns rückgemeldet, dass der Vorfall in der Gruppe viele Prozesse und Konflikte ausgelöst hat. Unter anderem wurde versprochen dass sich der Wagenplatz jetzt kollektiv mit “dem Thema” (Trans*- und Queerness, strukturelle Gewalt, Definitionsmacht..?) auseinandersetzt. Mit welchen Materialien oder über welche Quellen Menschen sich “auseinandergesetzt” haben, wurde uns auch auf mehrmaliges Nachfragen nicht gesagt. Wer sich da jetzt welche Infos/Meinungen über Trans*sein und Queerness anliest, erzählen lässt oder verbreitet ist extrem relevant und ein “wir setzen uns mit dem Thema auseinander” ist nicht genug und klingt nach einer leeren Floskel. Auch das ist ein typischer Umgang mit struktureller Gewalt: ein Hinhalten und vage Versprechungen machen bis den Betroffenen die Energie fürs Nachfragen ausgeht.

Doch es ist nicht nur von außen betrachtet nichts vorangegangen, sondern es wurde sogar noch eins drauf gesetzt: Statt sich öffentlich zum Vorfall zu positionieren, haben Menschen vom Wagenplatz einzelne Statements (eigentlich eher persönliche Briefe) verfasst. Diese wurden ungefiltert einer einzigen betroffenen Person weitergeleitet. Ein Brief von xy war auch dabei, ohne dass vorher gefragt wurde, ob wir so etwas möchten. In diesem war immerhin eine Entschuldigung zu lesen. Einige von den “Statements” waren dagegen extrem anfeindend und erneut transfeindlich, davor wurde nicht gewarnt. Tatsächlich sind diese Nachrichten so ekelhaft, dass wir nicht darum herumgekommen sind, den vorliegenden Text noch einmal zu bearbeiten, um darauf einzgehen, da sie die ganze Situation noch einmal in ein ganz anderes Licht rücken. Einer der Briefe ist ein anonymer Einschüchterungsversuch. Er bezeichnet den Menschen, der sich gegen den eingangs erwähnten Angriff gewehrt hat und die darauf folgende Kritik sowie die daraus entstandenen Forderungen als “anmaßend”. Jegliche Verantwortung dafür, dass Leuten, die sich am Wagenplatz aufhalten, keine Gewalt wiederfahren sollte, wird zurückgewiesen – ganz allgemein, aber noch mehr, wenn es um “Gäst_innen” geht. Zuletzt wird dier Betroffene persönlich angegriffen.

Ein weiterer, zumindest unterschriebener, Brief liest sich wie eine etwas detailliertere Version derselben Botschaft. Neben der wieder auftauchenden “Anmaßung”, geht es hier nun auch um “Rufschädigung”. Außerdem zitiert die Person “Definitionsmacht”, vertritt dabei aber die Ansicht, die Entscheidung darüber, was eine Grenzüberschreitung ist und wie damit umgegangen werden soll, müsse nicht bei Betroffenen, sondern bei der Wagenplatzgemeinschaft liegen. Betrunkensein wird als legitime Ausrede für gewalttätiges Verhalten angeführt. Der betroffenen Transperson wird abgesprochen, definieren zu können, ab wann ein Verhalten als Transphobie zählt. Offen queer und/ oder trans zu sein wird bezeichnet als “dauernd Unterschiede betonen”. Queere Existenzen zu ignorieren sei dagegen ein Versuch, “andere gleichberechtigt zu sehen”. Und schließlich behauptet dier Verfasser_in des Briefes, Kritik zu üben bzw sich gegen Angriffe zu wehren, hieße “die eigene Meinung über die anderer zu stellen” – für Gemeinschaften sei es besser, “andere einfach mal in Ruhe” zu lassen. Was das über das Zusammenleben auf dem AKW Wagenplatz bedeutet, will mensch sich eigentlich kaum ausmalen.

Für uns zeugt dieser Umgang von einer ziemlichen Unfähigkeit (oder einem Unwillen) mit Kritik umzugehen. Statt diese aufrichtig und ernsthaft anzunehmen, daraus zu lernen und die Betroffenen zu unterstützen, wurde unsere Kritik von diesen Briefschreibenden als unhöflich und die Harmonie des gemeinschaftlichen Leben störend empfunden. Also haben sie lieber Texte verfasst die eine_n Betroffene_n angreifen, dabei in alle möglichen Richtungen ausufern, aber konstant am Thema vorbeigehen (Diese Derailing- und Whataboutism-Strategien sind auch ein typischer Umgang mit struktureller Gewalt). So ein Verhalten dient und führt dazu marginalisierte Menschen zum Schweigen zu bringen.

Anstatt sich aktiv mit der eigenen Transfeindlichkeit auseinanderzusetzen haben Einzelpersonen also lieber noch mehr Transfeindlichkeit in unsere Richtung geschleudert. Wir sind richtig wütend! Wir sind richtig müde. Dieser Prozess laugt uns aus, was ja auch nix Neues ist, wenn es um den Umgang mit Betroffenen von struktureller Gewalt geht. Ein Grund für die jetzige Veröffentlichung ist, dass nicht auf unsere Forderungen eingegangen wurde und die Verantwortung gegenüber den Betroffenen nicht wahrgenommen wurde. Das heißt, wir als Soligruppe mussten dem WaPla immer wieder nachlaufen, was extrem auslaugend für die Gruppe, insbesondere für die Betroffenen, war. Die Wagenplatz Gemeinschaft übernimmt keine Verantwortung für die Gesamtsituation, da Einzelpersonen den Prozess aktiv blockieren. Eine kollektive Verantwortungsübernahme funktioniert nicht und das Blockieren der Einzelpersonen ist der Gruppe anscheinend Grund genug, um sich nicht öffentlich dazu zu äußern.

Anstatt auf unsere Forderungen einzugehen einer direkt betroffenen Person anfeindende und gewaltvolle Briefe zukommen zu lassen, war für uns das I-Tüpfelchen auf einem großen Haufen Scheiße.

Deshalb veröffentlichen wir jetzt.

Wir haben der WaPla Gemeinschaft viele Monate Zeit gegeben, sich selbst zu positionieren und der Öffentlichkeit mitzuteilen dass und wie sie sich jetzt mit dem Vorfall auseinandersetzen. Die von einigen dort wohnenden Menschen befürchtete Rufschädigung können sie jetzt haben. Wir werden uns weiterhin anmaßen, offen und unverschämt wir selbst zu sein! Wir werden uns weiterhin anmaßen, uns zu wehren, wenn jemensch versucht, uns oder unseren Freund_innen Gewalt anzutun! Und wir werden uns weiter anmaßen, solidarisch mit Betroffenen von Gewalt zu sein und sie und ihre Forderungen zu unterstützen!


Die transtifa Soligruppe